BAF

Konformitätsbewertung

Die Aufgaben der Interoperabilität und der Musterzulassung verschmelzen zur Konformitätsbewertung. Grundlage dafür ist die delegierte Verordnung (EU) 2023/1768.

Die Verordnung (EU) 2023/1768 legt technische Anforderungen und Verwaltungsverfahren sowohl für die Genehmigung von Entwicklern als auch für die Herstellung von Ausrüstung für das Flugverkehrsmanagement und Flugsicherungsdienste (ATM/ANS-Ausrüstung) fest.

Hintergrund

Die bisherigen Aufgaben zur Interoperabilität waren in der VO (EG) Nr. 552/2004 (Interoperabilitätsverordnung) geregelt und wurden mit der VO (EU) 2018/1139 zum September 2023 aufgehoben. Die Interoperabilitätsverordnung verpflichtete die Anbieter von Flugsicherungs- und Flugsicherungsmanagementdiensten (ATM/ANS-Anbieter) zur Durchführung einer EG-Prüfung und zur Erstellung und Abgabe der Prüfergebnisse mittels einer EG-Prüferklärung. Eine Prüfung von ATM/ANS-Ausrüstung für Flugverkehrsmanagement und Flugsicherung ist auch künftig notwendig, jetzt allerdings nach den Regeln der Konformitätsbewertung (Delegierte Verordnung (EU) 2023/1768).

Mit der Aufhebung der Interoperabilitätsverordnung wurden auch die darauf erlassenen Durchführungsverordnungen zur Interoperabilität aufgehoben. Die noch anwendbaren Anteile wurden in die DVO (EU) 2017/373, die DVO (EU) 2023/1770, DVO (EU) 2023/1771 und DVO (EU) 2023/1772 übernommen. Aufgaben der ATM/ANS-Anbieter zur Implementierung von Ausrüstung wurden in die DVO (EU) 2017/373 aufgenommen. 

Aufbau der Konformitätsbewertung

Das System zur Bewertung der Konformität ist dreistufig aufgebaut.

Antenne am Boden für die Erhöhung der Navigationsgenauigkeit per Satellit GBAS  Antenne GBAS (Ground Bases Augmention System) Antenne Quelle: BAF

  1. Die Ausrüstung mit der geringsten Sicherheitsrelevanz kann durch die ATM/ANS-Anbieter selbst geprüft und in einer Compliance-Bestätigung nachgewiesen werden.
  2. Ausrüstung mit mittlerer Sicherheitsrelevanz darf nur von Entwicklern und Herstellern, die durch die EASA zertifiziert wurden, entwickelt, hergestellt und geprüft werden. Durch das Zertifizierungsverfahren wird sichergestellt, dass die Firmen festgelegte Mindestanforderungen zur Entwicklung und Herstellung einhalten. Die zertifizierten Firmen dürfen dann die entwickelte bzw. gefertigte ATM/ANS-Ausrüstung selbst auf Einhaltung der Anforderungen prüfen und dazu Compliance-Erklärungen ausstellen.
  3. Für die Entwicklung und Herstellung von Ausrüstung mit hoher Sicherheitsrelevanz dürfen die zertifizierten Firmen keine Compliance-Erklärungen ausstellen, sondern müssen für diese Ausrüstung eine Zulassung der EASA beantragen. Die EASA stellt nach erfolgreicher Durchführung des Zulassungsverfahrens eine entsprechende Zulassung für die ATM/ANS-Ausrüstung aus.

Übergangszeitraum

Da mit dem in Kraft treten der Verordnungen zur Konformitätsbewertung noch keine zertifizierten Entwickler und Hersteller verfügbar sind, wurde ein fünfjähriger Übergangszeitraum bis September 2028 festgelegt. Während dieses Übergangszeitraums können die ATM/ANS-Anbieter für sämtliche ATM/ANS-Ausrüstung Compliance-Bestätigungen ausstellen.

Bezug zur nationalen Musterzulassung

Die Anforderungen an ATM/ANS-Ausrüstung werden in detaillierten Spezifikationen der EASA festgelegt. Diese Anforderungen decken auf europäischer Ebene prinzipiell die Anforderungen der nationalen Flugsicherungs-Musterzulassungsverordnung (FSMusterzulV) ab. Daher wird diese nationale Verordnung seit September 2023 nicht mehr angewendet. Ausnahmen dazu sind bereits begonnene Musterzulassungsverfahren, die noch zeitnah abgeschlossen werden können.

Anträge auf Musterzulassung oder auf Änderungen bestehender Musterzulassungen werden vom BAF nicht mehr angenommen. Eine Überprüfung, der in den Bekanntmachungen über die in der Bundesrepublik Deutschland als Muster zugelassenen Anlagen und Geräte, auf Einhaltung der Anforderungen der FSMusterzulV findet durch das BAF nicht mehr statt.

CNS-Bodenausrüstungen, welche bisher der FSMusterzulV unterlagen, fallen ab dem 05.10.2023 unter die o.a. Regelungen des EASA Konformitätsbewertung.

Einordnung der ATM/ANS-Ausrüstung

Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Einordnung der Ausrüstung in drei Stufen:

Stand: 06/2024Quelle: BAF
Einordnung der ATM/ANS-Ausrüstung
ATM/ATS-Ausrüstung

Artikel 4

Zulassung durch
die EASA

Artikel 5

Erklärung durch
den Hersteller

Artikel 6

Compliance-Bestätigung durch
den ATM/ANS-Anbieter

ASM-Airspace ManagementX
ATFM-Air Traffic Flow ManagementX
ATS-Air Traffic Service
Flugplandatenverarbeitende Systeme
Überwachungsdatenverarbeitende Systeme
Mensch-Maschinen-Schnittstelle
___
3a
Ausrüstung zur Unterstützung des Fluglotsens-Pilotenkommunikation
X
3b
ATC
Ausrüstung zur Unterstützung von Flugverkehrskontrolldiensten als Voraussetzung für die Staffelung von Luftfahrzeugen oder die Vermeidung von Zusammenstößen
X
3c
Andere ATS-Ausrüstung, die nicht in 3a und 3b abgedeckt ist.
(Artikel 4 (4) der DVO (EU) 2023/1768, der für Deutschland nicht anwendbar ist)
X
COM-Kommunikation___
4a
Boden-Boden-Kommunikation
X
4b
Luft-Boden Kommunikation (siehe 3 a)
X
NAV - NavigationX
SUR - ÜberwachungX
AIS - Aeronautischer InformationsdienstX
MET - Meteorologischer InformationsdienstX

Vorteile der neuen Systematik

  • Geringerer Aufwand für die ATM/ANS-Anbieter durch Entfall der Übergabe der EG-Prüferklärungen. Zudem wird erwartet, dass sich der Dokumentationsumfang für die Compliance-Bestätigungen verringert. Der Schwerpunkt der Aufsicht durch das BAF wird sich von der Prüfung der Dokumentation auf die Prüfung der Prüfabläufe verlagern.
  • Nach einer fünfjährigen Übergangsphase soll der Aufwand für die ATM/ANS-Anbieter weiter sinken, da ATM/ANS-Ausrüstungen, die von EASA-zertifizierten Herstellern und Entwicklern bereits geprüft und mit Compliance-Erklärungen bzw. Zulassungen versehen sind, auf dem Markt angeboten werden. Es ist daher zu erwarten, dass die bei den ATM/ANS-Anbietern verbleibenden Prüfungen dadurch minimiert werden können. Zudem wird damit gerechnet, dass der Prüfaufwand der ATM/ANS-Anbieter für EASA zertifizierte ATM/ANS-Ausrüstung ebenfalls sinkt.
  • Über die Inhalte der detaillierten Spezifikationen kann die europaweit einheitliche Entwicklung der eingesetzten ATM/ANS-Ausrüstung gesteuert werden.

Für Zulassungen von ATM/ANS-Ausrüstung ist formal die EASA zuständig, wobei sie sich Unterstützung durch nationale Aufsichtsbehörden suchen kann. Aufgrund der Erfahrung aus der nationalen FS-Musterzulassung und der vorhandenen Expertise haben das BAF und die EASA eine Grundsatzvereinbarung im Rahmen eines Partnerschaftsvertrags abgeschlossen. Umfang und Inhalt der Tätigkeiten des BAF werden in separaten Beauftragungen durch die EASA festgelegt.

 Aufgaben des BAF

Durch die Neuregelung ergeben sich wesentliche Änderungen für die Aufgaben. Sie stellen sich in der Hauptsache wie folgt dar:

  • Bearbeiten von Anfragen von nationalen ATM/ANS-Dienstanbietern
  • Mitarbeit in internationalen Arbeitsgruppen und Gremien (z.B. zur Erarbeitung von detaillierten Spezifikationen oder zur Erarbeitung von Verordnungsentwürfen)
  • Mitwirkung bei Konsultationsprozessen europäischer Verordnungen und Richtlinien
  • Durchführung von Audits zur Implementierung von technischen Änderungen bei funktionalen Systemen (in der Regel ATM/ANS-Ausrüstung) auf Basis der DVO (EU) 2017/373
  • Auditieren der Prozesse von ATM/ANS-Dienstanbietern in Zusammenhang mit der Konformitätsbewertung (z.B. Arbeitsabläufe zur Erstellung von Compliance-Bestätigungen)
  • Unterstützung der EASA bei Aufgaben im Zusammenhang mit der Konformitätsbewertung